50 Jahre Schüleraustausch
Moskau-Neustrelitz

Es ist eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht, wahrscheinlich einmalig in Deutschland. Vor 50 Jahren begann der Schüleraustausch zwischen der damaligen 57. Mittelschule in Moskau und der Oberschule 1 Neustrelitz. Es waren Schulen mit erweitertem Unterricht in der deutschen beziehungsweise in der russischen Sprache. Deshalb war die Möglichkeit, die Fremdspachen auch praktisch anzuwenden eine fantastische Sache. Eingebettet in die sozialistische Bildung und Erziehung entwickelten sich bis zur Wende gegenseitige Besuche und Kontakte. Da die Möglichkeiten zu reisen damals ja nicht so vielfältig waren wie heute, war die Teilnahme an diesem Austausch für die deutschen Schüler und Lehrer aus der DDR sowie auf der anderen Seite für die sowjetischen Teilnehmer etwas ganz Besonderes.

Der Austausch damals unterschied sich etwas von dem in unserer Zeit. Die Sommerferien wurden dazu genutzt, um sich 14 Tage mit Kultur, Sehenswürdig-keiten und Leben im jeweilig anderen Land bekanntzumachen. Man schlief in Klassenräumen auf Feldbetten und nicht so bequem wie heute in ganz normalen Wohnungen. Außerdem wurde damals der Zug genutzt. Die 30 Stunden in den Schlafwagenabteilen waren immer ein Erlebnis und stimmten schon mal auf die kommende Zeit ein.

Diesen Austausch zu organisieren war natürlich sehr viel Arbeit und erforderte schon damals eine große Portion Idealismus und Engagement. Wir erinnern an den Initiator auf deutscher Seite Dr. Friedhelm Steinführer, die Direktoren Jürgen Grundmann, Fritz Zilian und Werner Berger und die vielen Russischlehrer der Oberschule 1, der späteren Wladimir – Komarow Oberschule. Besonders engagierte sich bei der

Organisation und Betreung Manfred Werner. Auch Ilse Dreyer soll erwähnt werden, die als Englischlehrerin intensive persönliche Kontakte pflegte. Auf sowjetischer Seite sind uns unter anderem Ida Georgievna und die legendäre Köchin Tjotja Olja in Erinnerung geblieben.

In den Wirren der Wendezeit geriet der Austausch leider erst einmal in Vergessen-heit. Es gab die allgemeine Tendenz, sich jetzt den Ländern in Westeuropa zuzu-wenden, was ja so über Jahrzehnte nicht möglich war.

Doch die russische Sprache wurde nach wie vor gelernt. Am Heinrich-Schliemann Gymnasium wollte man sich nicht damit abfinden, dass es vorbei sei mit dem Austausch. Und so ergriff der Russischlehrer Ulrich Beesk, der ja selbst als Lehrer 1986 im Rahmen des Schüleraustausches in Moskau war, die Initiative. Er hatte mit Elke Hartwig eine engagierte Mitstreiterin. Die damalige Schulleiterin Sabine Woit, selbst Russischlehrerin, unterstützte das Projekt von ganzem Herzen. Wir schrieben einen Brief nach Moskau und die Resonanz war positiv. Es gelang, den Schüler-austausch wiederzubeleben und für jeweils eine Woche mit einer Schülergruppe in das jeweilige Gastland zu fliegen.

Wir fanden treue Partner in der Schulleiterin Maria Valerievna Kim und der stellver-tretenden Schulleiterin Irina Dimitrievna Shapovalova, die beide auf der Fest

veranstaltung am 20.9. 2018 im Carolinum anwesend waren. Besonders hervorheben möchten wir unsere liebe Kollegin Ljubow Petrowna Buchina. Sie war über Jahrzehnte die gute Seele des Austausches, die von Anfang an bis ins hohe Alter von 74 Jahren am Schüleraustausch teilnahm und ihre Schüler für die deutsche Sprache begeisterte.

Nach dem Zusammenschluss des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums mit dem Gymnasium Carolinum organisierte Elke Hartwig als Fachschaftsleiterin Russisch jährliche gegenseitige Besuche. Mit großem persönlichen Einsatz und mit Unter-stützung des Schulleiters des Henry Tesch und ihrer Kolleginnen und Kollegen der Fachschaft gelang es ihr bis 2018, diesen Austausch für viele Schüler und Lehrer unserer Schule zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.

Um dem 50 jährigen Jubiläum eine würdigen Rahmen zu geben, reisten Henry Tesch und Heidemarie Awe nach Moskau, um mit der dortigen Schulleitung dieses Ereignis vorzubereiten. Es gelang Henry Tesch, seine Kollegin Maria Kim als Schulleiterin davon zu überzeugen, zum ersten Mal nach Neustrelitz zu reisen.

Auf der Festveranstaltung am 20.9. 2018 bekräftigten die beiden Schulleiter ihren Willen, unsere freundschaftlichen Beziehungen auch in Zukunft fortzuführen. Weitere Höhepunkte dieser Veranstaltung waren großartige künstlerische Beiträge, vorgetragen von deutschen und russischen Schülern, die Rede von Botschaftsrat

Alexander Rusinov und das gemeinsame Singen des russischen Volksliedes Kalinka. Auf Anregung unseres Schulleiters soll dieser Schüleraustausch mit weiteren sportlichen, künstlerischen und musischen Projekten auf Schulebene bereichert werden. Wer noch mehr über 50 Jahre Schüleraustausch wissen möchte, kann sich auf einer Ausstellung informieren. In dem Lehrertrakt sind auf 35 Tafeln viele persönliche Eindrücke und Fotos zu bewundern, die die Geschichte des Schüleraustausches erlebbar machen. Wir bedanken uns bei allen, die an der Gestaltung dieser Ausstellung mitgearbeitet haben, besonders bei Frau Hutton.

Die Geschichte und viele Konflikte in unserer heutigen Welt zeigen, dass friedliches Zusammenleben alles andere als selbstverständlich ist. Wir hoffen, mit diesem Schüleraustausch einen kleinen Beitrag für die Freundschaft zwischen unsereren Ländern und Völkern zu leisten.

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